18.01.2022

Allergie oder keine Allergie? Neuer Borsteler Basophilen-Aktivierungstest ergänzt Spektrum der Routine-Diagnostik

Eine neue Testmethode verbessert die Allergie-Diagnostik: Durch die Optimierung des Basophilen-Aktivierungstests (BAT) schafft ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Forschungszentrums Borstel ein innovatives Messverfahren, das Allergien schnell und präzise nachweist. Im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden kann es eine tatsächliche allergische Reaktion feststellen, nicht nur eine Sensibilisierung. Das Team um Prof. Dr. Uta Jappe publizierte die Ergebnisse im Dezember im Fachmagazin Allergy und meldete ein Patent an. Verhandlungen mit einem Industrie-Partner laufen, um das Verfahren in die Routinediagnostik zu bringen.

Allergien gehören zu den häufigsten chronischen Krankheiten in Europa. Laut Robert-Koch-Institut entwickeln mehr als 20 % der Kinder, mehr als 35 % der Frauen und 24% der Männer mindestens eine allergische Erkrankung. Dies kann die Lebensqualität massiv einschränken. Eine zuverlässige Diagnostik und eine adäquate Behandlung sind deshalb enorm wichtig für die Betroffenen.

Standard-Diagnostik mit Schwächen

Allergologinnen und Hautärzte nutzen in der Regel Haut-Pricktests und Nachweise von IgE-Antikörpern im Blut, um zu untersuchen, ob jemand mit bestimmten Allergenen (z.B. Birkenpollen) in Kontakt gekommen ist. Zwar sind diese Verfahren einfach anwendbar, zeigen aber nur die halbe Wahrheit: Sie weisen eine Sensibilisierung nach, also eine Reaktion des Immunsystems. Allerdings zeigen sie nicht, ob daraus eine klinisch relevante Symptomatik, also eine wirkliche Allergie resultiert. Um diese in unklaren Fällen nachzuweisen, nutzt man derzeit einen zusätzlichen Provokationstest mit der Allergenquelle. Er kann bei Patientinnen und Patienten jedoch erhebliche Nebenwirkungen bis hin zu einem anaphylaktischen Schock auslösen.

Eine Alternative stellt der Basophilen-Aktivierungstest (BAT) dar, der die allergische Reaktion im Reagenzglas mit Blutproben nachahmt. Basophile sind Blutzellen, die als Teil der allergischen Reaktion aktiviert werden. Bisher war der Test jedoch nicht flächendeckend einsetzbar: Da die Blutproben der Patientinnen und Patienten direkt nach Abnahme aufgearbeitet werden müssen, konnten Ärztinnen und Ärzten ohne eigenes Labor den BAT nicht auswerten. Außerdem existierten keine automatisierten Analyseverfahren, wodurch der Aufwand unverhältnismäßig hoch war. Nicht zuletzt fehlte ein standardisiertes Protokoll für den BAT.

Optimiertes Verfahren könnte in die Routine eingehen

All diesen Problemen hat sich Uta Jappes Forschungsgruppe gemeinsam mit dem Team von Dr. Jochen Behrends (Zentrale Einheit Fluoreszenz-Zytometrie) angenommen. Durch eine Optimierung des Verfahrens konnten die Borsteler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein Protokoll etablieren, welches das Potenzial hat, teure und riskante Provokationstests zu ersetzen und den Schweregrad der allergischen Reaktion vorherzusagen. Die Methodik reduziert Personal- und Material-Aufwand und verwendet ein Hochdurchsatz-Verfahren im Fluoreszenz-Durchflusszytometer. Eine bereits erfolgte Validierung im Rahmen eines bundesweiten Ringversuchs zeigte, dass das Protokoll unabhängig vom Gerätetyp durchführbar ist und sehr genaue Ergebnisse liefert. Mittlerweile wurde die Optimierung des BAT zum Patent angemeldet. „Die Möglichkeit, diesen sicheren und präzisen Test in der Routinediagnostik anzuwenden, hat zu einer Kooperation mit einer in Deutschland ansässigen Firma geführt und auch Interesse bei großen international agierenden Firmen geweckt“, so Uta Jappe. „Den BAT als Standardmethode in der Klinik nutzen zu können, würde einen großen Fortschritt für die Behandlung unserer Patienten und Patientinnen bedeuten.“

Die Arbeiten in diesem Projekt wurden zum Teil aus Mitteln der Disease Area Asthma und Allergien des DZL finanziert.

Originalpublikation: Behrends J, Schwager C, Hein M, Scholzen T, Kull S, Jappe U (2021) Innovative robust basophil activation test using a novel gating strategy reliably diagnosing allergy with full automation. Allergy 76(12): 3776.

Link zum Fachartikel in Allergy

/jbul/fzb



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