17.11.2017

Sechs Stunden bis zur Heilung

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme des Atemwegsepithels mit zerstörten Zellen (weißer Kasten) und büschelförmigen Flimmerhärchen auf einigen Zellen. (Quelle: Kretschmer et al., 2017, Copyright American Society for Investigative Pathology)

Wie kleine Verletzungen der Atemwegsschleimhaut heilen, beschreiben Lübecker Wissenschaftler erstmals in einer aktuellen Veröffentlichung im American Journal of Pathology. Demnach schließen sich kleinere Wunden bereits nach sechs Stunden. In ihren Experimenten schädigten die Forscher Gewebestücke mit einem Laserstrahl und kombinierten anschließend verschiedene mikroskopische Methoden, um die ablaufenden Reparaturprozesse zu beobachten.

Die Unversehrtheit der Atemwegsschleimhaut – dem respiratorischen Epithel  – ist lebenswichtig. Nur in intaktem Zustand kann sie die normale Lungenfunktion aufrechterhalten. Darüber hinaus ist das Epithel die erste Barriere gegen eindringende Krankheitserreger. Was passiert nun, wenn es verletzt wird? Wie lange braucht es, um Wunden zu schließen und welche Mechanismen spielen dabei eine Rolle?

Um diese Fragen zu beantworten, entnahmen DZL-Wissenschaftler der Universität zu Lübeck Gewebestücke aus Luftröhren von Mäusen. Darin zerstörten sie mit einem eng fokussierten Laserstrahl kleine Areale (1-12 Zellen) und beobachteten die ablaufenden Reparaturprozesse mit verschiedenen mikroskopischen Methoden. Sie stellten fest, dass sich Wunden, die bis zu sechs Zellen groß sind, innerhalb von sechs Stunden schließen. Hierzu dehnen sich die umliegenden Zellen in die Wundfläche aus, wobei bereits zwei Stunden nach Schädigung das Protein F-Aktin nachgewiesen werden kann, das die Zellbewegung initiiert. Gleichzeitig drücken die umliegenden Zellen zerstörte Zellen aus der Wunde heraus (siehe Abbildung). Flimmerhärchen transportieren sie anschließend aus dem Atemweg hinaus. Größere Wunden schlossen sich im Beobachtungszeitraum von sechs Stunden nicht. Oftmals war hier zudem die unter dem Epithel liegende Basalmembran geschädigt. Da die Beobachtung auf kürzere Zeiträume begrenzt war, bleibt zunächst unklar, ob die für kleinere Wunden beobachteten Mechanismen auch bei größeren zum Tragen kommen.

Die Lübecker Wissenschaftler entwickeln damit ihre auf Beobachtung der Autofluoreszenz basierende Gewebeuntersuchung weiter. Die von ihnen im letzten Jahr beschriebene mikroskopische Technik macht es möglich, dynamische Prozesse in explantierten Geweben zu untersuchen. „Die aktuellen Untersuchungen sind daher sowohl technologisch als auch biologisch von großem Interesse“, bilanziert Professor Peter König, dessen Arbeitsgruppe an der Studie beteiligt war. Gewebereparatur ist einer der übergreifenden Schwerpunkte des DZL, da sie bei einer Vielzahl von Lungenerkrankungen von Bedeutung ist. Die hier dargestellten Ergebnisse wurden an Luftröhren von Mäusen durchgeführt, die als Modell für die kleinen Atemwege des Menschen gelten. Zukünftige Untersuchungen sollen klären, ob sich diese Reparaturprozesse ebenfalls in der menschlichen Lunge beobachten lassen.

Weitere Informationen: Kretschmer S, Pieper M, Klinger A, Hüttmann G, König P (2017) Imaging of Wound Closure of Small Epithelial Lesions in the Mouse Trachea. Am J Pathol 187: 2451-2460

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Diese Veröffentlichung erfolgte im Open-Access-(OA-)Verfahren. Das DZL fördert OA-Publikationen, also solche, die grundsätzlich für jedermann frei verfügbar sind, ohne dass hierfür die entsprechende Fachzeitschrift abonniert werden muss. So kann neu erworbenes Wissen schneller und ohne Hürden verbreitet werden.

/jbul



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